Wer war Robert Macht? Ein Deutscher, ein Pole – nein, ein Masure! Robert
Macht, geboren am 24. Januar 1881 in Rostken, Kreis Johannisburg in Ostpreussen
(für alle, die es nicht wissen oder besser wissen wollen: das war die durch den
Versailler Vertrag vom Deutschen Reich abgetrennte Enklave zwischen Litauen und
Polen). Dieser Teil Ostpreussens wird auch als Masuren bezeichnet, dem Land der
dunklen Wälder und kristallklaren Seen. Dort wächst Robert Macht auf, als Sohn
eines Dorfwirts. Als er die Wirtschaft vom Vater übernehmen soll, ergreift er
die Flucht. Er will nicht Schankwirt werden, er will Ingenieur sein. Als
18jähriger kommt er nach Bromberg, lernt Polnisch und wird Kreis-Wiesenmeister.
Seine Aufgabe: Er legt die sumpfigen Wiesen längs der Flüsse trocken und
verwandelt sie in fruchtbare Talauen. Doch das reicht ihm nicht, er studiert
erfolgreich in Eigenregie Hoch- und Tiefbau.
Sein Studium führt ihn nach Straßburg, wo er ein eigenes Büro für Hoch-
und Tiefbau installiert. Seine Leidenschaft gilt dem Brückenbau. Er heiratet in
Straßburg Katharina Albrecht aus Saratow
(ehemals Deutsche Wolgarepublik
in Russland). Dann kommt der Erste Weltkrieg und danach ist Straßburg
französisch – Deutsche müssen raus. Die junge Familie Macht erwartet das erste
Kind und wird ausgewiesen, muss Hab und Gut zurücklassen. Wohin? Die Regionen
des Deutschen Reichs wollen die Flüchtlingsfamilie nicht aufnehmen, die Machts
müssen nach Ostpreussen. So kehrt Robert Macht nach Masuren zurück.
Auch in Ostpreussen sind die Auswirkungen des Versailler Vertrags
spürbar. Industrie und Handel sind zerstört, die Bevölkerung leidet unter
Hunger, es gibt zu viele Arbeitslose und zu wenig Arbeit. Der Ingenieur
versucht Brücken zu bauen, denn viele wurden durch den Einmarsch der Russen im
1. Weltkrieg zerstört. Doch die Bezahlung durch die Regierung von Ostpreussen
erfolgt Monate später – zu spät, denn der Wert des Geldes ist beim Empfang
bereits von der Inflation aufgefressen. Robert Macht arbeitet als Tagelöhner im
Wald, rodet Stubben. Er verdient etwas,
aber das Geld reicht nur für das Notwendigste – es ist zum Leben zu
wenig und zum Sterben zu viel. Robert Macht kauft sich von dem wenigen Geld
juristische Bücher, studiert in den Nächten Jura und betätigt sich bald als
Rechtsberater. Er hilft den masurisch sprechenden Bauern bei ihren Rechtsangelegenheiten, baut ihnen sprachliche
Brücken zu den deutschsprechenden Verwaltungen und Gerichten, formuliert den
Schriftverkehr zu den Prozessen – und gewinnt sie alle. Und: Er lernt die
Masuren kennen wie kein anderer, weiß um ihre Nöte, Bedürfnisse und
Erwartungen. Er wird bekannt, nicht nur auf dem Land, sogar in Königsberg
schätzt man sein Können.
Der Brückenbauer engagiert sich in der Politik. Er will nun auch andere
Brücken bauen – soziale Brücken – in der multiethnischen Region Masuren. In
Masuren leben Deutsche, Masuren, Polen, Litauer und Russen. Er tritt der
Masurischen Vereinigung bei, der Partei der Masuren, die die masurische
Bewegung vertritt, wird Kandidat bei den Landtags- und Reichstagswahlen. So
kommt er auch in Kontakt mit Polen, die nach dem verlorenen Plebiszit 1920 die
Masurisch sprechende Bevölkerung betreuen. Er lernt den polnischen Konsul in
Lyck (heute Elck) kennen. Als mit der Eisenbahn er von einem Besuch in Lyck
nach Hause fährt, bieten ihm zwei Polen – welch ein Zufall – eine gut bezahlte
Stellung an. Ein verführerisches Angebot: Er soll eine Bank leiten, die
Polnische Bank in Ortelsburg (heute Szczytno). Macht kennt sich mit Zahlen aus,
spricht Polnisch, Deutsch, Masurisch. Er nimmt das Angebot an, wird
Bankdirektor.
Zwei Jahre braucht er, um zu erkennen, wem er die Stellung zu verdanken
hat: zwei polnischen Agenten, die in Ostpreussen die kriegerische Eroberung der
deutschen Ostprovinz vorbereiten, ein Netz des Terrors inszenieren sollen. Er
erfährt bei den Konferenzen der Konsuln, dass die masurische Bewegung in
Wahrheit eine Tarnorganisation der imperialistischen Politik und eine geheime
Staatssache Polens ist, die sogenannte polnische Sache. Er erkennt, dass das
Ostpreussen von sogenannten Aktivisten durchsetzt ist, die nur auf den Befehl
aus Warschau warten, um das Land zu annektieren: den südlichen Teil für Polen,
den nördlichen für Litauen. Polnische Propagandaschriften werden im Diplomatengepäck
nach Masuren geschmuggelt. Das Geld für die Agitationsvorbereitungen fließt
auch durch die Polnische Bank – sozusagen durch seine Hände. Macht erschrickt:
er ist als Helfershelfer beteiligt. Das zeigt Wirkung: Er fühlt sich als Masure
missbraucht für eine illegale polnisch-litauische Eroberungspolitik.
Robert Macht erkennt die Gefahr für Deutschland, für Ostpreussen, für
seine Heimat Masuren – so wie er in Straßburg nicht französisch werden wollte,
so wenig will er ein polnischer Masure werden. Macht wandelt die Polnische
Volksbank in Ortelsburg, eine Genossenschaft, mit einer Abstimmung durch die
Mitglieder in eine Masurische Volksbank um. Die polnischen Aktivisten und
Geldgeber protestieren vor Gericht – vergebens. Dann verfasst er eine Denkschrift
in der er seine Erfahrungen und Befürchtungen niederschreibt und in der er
Täter, Drahtzieher und Geldgeber der
polnischen Terrororganisation beim Namen nennt.
Das alles geschieht 1928, das Deutsche Reich ist eine Demokratie, die
sogenannte Weimarer Republik, regiert durch Sozialdemokraten (die Nazis haben
noch keinen Einfluss auf die Politik in Ostpreussen).
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